Seit einigen Wochen macht ChatGPT von sich Reden. Bewegt man sich durch soziale Medien, findet man überall Beispiele für die Anwendung des künstlich-intelligenten Chat-Bots: Schüler:innen lassen sich Hausaufgaben von diesem Programm machen, manch eine:r lässt sich seine Rede von ChatGPT schreiben und Marketeer nutzen das Programm für Texte jeglicher Form.
Doch was ist ChatGPT und wie funktioniert es? Was kann das Programm, hilft es uns bei der Arbeit und kann es auch von Touristiker:innen eingesetzt werden? Ich habe mich mit dem Programm beschäftigt, viel darüber gelesen, es auch selbst ausprobiert und ein Webinar von Realizing Progress besucht, bei dem genau diese Fragen diskutiert wurden.
Was ist neu an ChatGPT?
Zunächst einmal gilt es zu verstehen, was ChatGPT ist und wie es sich von anderen Chat-Bots unterscheidet. Denn grundsätzlich ist die Verwendung künstlicher Intelligenzen im Sprach- bzw. textbasierten Bereich nichts Neues – Alexa oder Siri sind ebenfalls künstliche Intelligenzen, die bestimmte Suchanfragen beantworten können.
Definition: ChatGPT (Generative Pre-trained Transformer) ist der Prototyp eines Chatbots, also eines textbasierten Dialogsystems als Benutzerschnittstelle, der auf maschinellem Lernen beruht. Den Chatbot entwickelte das US-amerikanische Unternehmen OpenAI, das ihn im November 2022 veröffentlichte.
Quelle: Wikipedia
Sicherlich habt ihr auch schon auf diversen Webseiten ChatBots entdeckt, die euch einfache Suchanfragen, z.B. nach tollen Ausflugsmöglichkeiten an eurem Reiseziel, beantworten können. Diese speziellen Anfragen sind aber auf sehr bestimmte Bereiche zugeschnitten und können wenig von vorgegebenen Strukturen abweichen.
Hier liegt der Unterschied: Die KI hinter ChatGPT liefert sehr beeindruckende und detaillierte Antworten zu einem breiten Spektrum an Fragen, angefangen bei Beschreibungen zu technischen Produkten über Essensrezepte bis hin zur Formulierung von Gedichten.
Um komplizierte Sachverhalte einfach erklären oder kurze Texte schreiben zu können, wurde ChatGPT mit Millionen von Texten aus dem Internet, aus sozialen Medien, Online-Foren, Zeitungsartikeln und Büchern trainiert. In diesem Pre-Training genannten Prozess wurde durch selbstüberwachtes Lernen ein Modell erzeugt. Auf diesem Modell aufbauend wurde dann durch überwachtes Lernen die eigentliche Aufgabe – das Generieren von Antworten auf gestellte Fragen – trainiert. Zuletzt wurde das Modell durch bestärkendes Lernen optimiert. Hiermit können Antworten vom System qualitativ eingeschätzt und bewertet werden.
Dies wiederum ist die Grundlage für den dialogischen Austausch der sprachbasierten Anwendung. Genau diese Funktion macht ChatGPT so einzigartig: Nutzt man den Chat, hat man wirklich den Eindruck, mit einem echten Menschen zu reden.
Ich habe mir den Spaß gemacht und ChatGPT selbst gefragt, worin der Unterschied zu anderen Chat-Bots liegt. Daraufhin bekam ich eine ausführliche Erklärung, deren Zusammenfassung wie folgt lautet:
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass ChatGPT aufgrund seiner Fähigkeit, natürliche Sprache zu verstehen, kontextbasierte Antworten zu geben und auf eine enorme Wissensdatenbank zuzugreifen, sowie interaktive Funktionen anzubieten, ein einzigartiger Bot ist. Der Bot ist eine ideale Option für jeden, der eine künstliche Intelligenz-basierte Lösung für eine Vielzahl von Anwendungen benötigt, darunter auch für die Automatisierung von Kundensupport oder für die Unterhaltung von Benutzern.
ChatGPT: Vorrübergehender Hype oder Startschuss für künstliche Intelligenzen?
Nun stellt sich die Frage: Ist ChatGPT ein vorrübergehender Hype wie das bei anderen Anwendungen der Fall war? Oder stellt die Veröffentlichung dieser Software den Startschuss für weitere und bessere KIs dar, der die Türen für weitere Anwendungsmöglichkeiten bietet? Ist ChatGPT ein Game Changer wie damals das iPhone?
Unserer Meinung nach wird sich das im Laufe der Zeit zeigen, denn nur wenn die breite Masse – oder zumindest eine kritische Masse an Anwender:innen – diese Software nutzt, werden Firmen weiterhin in den Ausbau investieren. Dass sich weitere große Tech-Firmen wie Google oder Microsoft in Zugzwang sehen, spricht eher dafür, dass ChatGPT einen Startschuss darstellt. Google befindet sich mit seiner Chat-KI BARD gerade in der Testphase und auch Microsoft hat angekündigt, das Thema KI z.B. durch eine Integration der Software-Grundlage in seine Office-Produkte weiter anzugehen.
Wird das die Arbeitswelt verändern? Ganz sicherlich! Es werden sich vor allem Prozesse ändern, wenn KIs in den eigenen Arbeitsprozess integriert werden. Ein:e Texter:in recherchiert dann eventuell nicht mehr selbst die Grundlagen für einen Text, sondern lässt eine KI dies für sich erledigen und erstellt daraus dann kreative Texte. Videoproducer:innen lassen sich von ChatGPT Storyboards erstellen und holen sich so Inspiration für die geplante Video-Kampagne. Journalist:innen lassen sich bei der Themenfindung von einer KI unterstützen, suchen damit Keywords oder lassen sich eine Struktur und Unterabschnitte von der KI erstellen.
Was die KI noch nicht kann!
Letztendlich muss die Kontrolle durch die Anwendenden erfolgen, denn eines muss man sich bewusst sein: ChatGPT und alle anderen KIs kennen nur Wahrscheinlichkeiten, aber keine Wahrheiten, keine Moral und keine Emotionen.
Zum einen hatte ChatGPT bislang nur einen Datenbestand bis 2021. Das hat sich mit der neusten Version geändert, dennoch können Informationen, die der Bot ausspuckt, falsch sein. Jede:r muss also die erhaltenen Infos gegenchecken und darf sich nicht blindlings auf dessen Richtigkeit verlassen. Außerdem wurde Kritik laut, als Interpol kriminelle Machenschaften aufdeckte, die das Tool für die Recherche von Verbrechen nutzte.
Darüber hinaus kann eine KI sich (noch) nicht in die Zielgruppen hineinversetzen. Für welches Endprodukt soll der Text schlussendlich sein? Braucht es einen sachlichen PR-Text oder eine blumige Beschreibung? Sollen die Lesenden auf eine emotionale Reise mitgenommen werden oder ist es wichtig, dass der Text für SEO optimiert ist? Die KI kann das nicht entscheiden.
Eines ist jedoch gewiss: Das Tool wird sich immer weiterentwickeln. Schon mit der neusten Version ChatGPT 4 kann man nun auch Bilder oder wissenschaftliche Texte als PDF hochladen, die man analysieren lassen kann. Auch die Öffnung des Bots für Plugins und somit für Drittanbieter bietet sehr viele Möglichkeiten, das Tool umfangreich zu nutzen.
Hier ist die Relevanz des Contents elementar, der am Schluss herauskommen soll. Wichtig ist natürlich, wie man den sogenannten Prompt – also im Prinzip die Frage, die man ChatGPT stellt – formuliert. Je genauer die Anwendenden sich ausdrücken, desto genauer ist das Ergebnis. Bei Standardtexten funktioniert das ganz gut. Benötigt man aber zielgruppengerechte Ergebnisse, muss der/die Texter:in selbst ran.
Wie können KIs in der Touristik eingesetzt werden?
In der Touristik gibt es schon Beispiele, wie KI eingesetzt wird. Besagte Chatbots, die einem auf Webseiten von Destinationen beispielsweise Reiseempfehlungen geben, findet man immer wieder. Diese neue Technologie von ChatGPT – und in der Folge dann auch von anderen KIs – kann aber noch viel mehr Chancen bieten:
- Beschleunigung von Recherchen bei der persönlichen Beratung in Reisebüros: Statt lange in Katalogen oder bei Partner:innen zu suchen, kann ChatGPT bei der Recherche von Reiseempfehlungen helfen und so den Prozess beschleunigen.
- Künftig könnte es für Reisende erweiterte Erlebnisse wie z.B. Ad hoc Empfehlungen über die Kopfhörer auf einem Städtetrip. Also kein klassischer Audioguide, den man bewusst anschalten muss. Sondern vielmehr eine spontane Empfehlung über die Kopfhörer, die man sowieso in den Ohren hat, da man gerne Musik hört. Das kann zum Beispiel eine Empfehlung für ein Café sein, das zum Reisenden passt.
- Google Immersive View: Die Daten von Maps, Streetview und Google Earth werden hierbei verbunden, so dass Reisende ein 3-dimensionales Erlebnis haben. Dann kann man sich beispielweise direkt anschauen, wie das Wetter jetzt am Reisziel ist – oder eben erst zur geplanten Reisezeit: Wie ist das Wetter im Hochsommer in Paris? Hier spielt auch Augmented Reality ein spannende Rolle.
So oder so: KI profitiert von strukturierten Daten, daher ist OpenData bei Destinationen sehr wichtig und sollte ein Fokus in der Digitalisierung sein.
Waigran-Kleinarl: AI Concierge
Wörthersee AI experience
Ruhpolding Tourismus: Avatar Kathi
Mein bisheriges Fazit zu ChatGPT
Diese Technologie rüttelt an vielen bestehenden Geschäftsmodellen wie zum Beispiel die der Google-Suche oder auch das eines Texters bzw. einer Texterin. Daher müssen sich Menschen und Unternehmen, die sich auf Dienstleistungen oder Produkte spezialisiert haben, die ChatGPT – oder auch andere KIs, die beispielweise Foto-Content erstellen – bedienen kann, überlegen, wie sie damit in Zukunft umgehen wollen.
ChatGPT kann für Texter:innen als Arbeitserleichterung und Inspiration dienen. Aber was das Alleinstellungsmerkmal von Content-Erschaffenden sein wird, das muss jede:r für sich selbst herausfinden.
Darüber hinaus müssen sich Anbietende von Content darüber bewusst sein, dass auch deren Angebot in bestimmter Weise als Content von der KI ausgespielt und verwendet wird.
Aber in jedem Fall gilt es nun, die Chancen der Technologie zu erkennen: Sie kann Zeit sparen und die Arbeit erleichtern. Denn eines ist klar: Wenn noch mehr Unternehmen auf den Zug dieser Idee aufspringen und die Software in weitere Programme wie Microsoft Teams, Slack oder auch Google integrieren, werden wir alle nicht darum herumkommen, uns intensiver mit ChatGPT und anderen KIs zu beschäftigen.